Selbstmanagement? – Bin ich etwa mein eigener Chef, meine eigene Chefin, oder was?

Herzlich willkommen in der KIBUSCH Kompetenz Küche, wo wir Rezepte für eine gelungene Entwicklung von Individuen und Organisationen für euch zubereiten. Das Rezept des Tages “Selbstmanagement? – Bin ich etwa mein eigener Chef, meine eigene Chefin, oder was?”. 

YouTube

Mit dem Laden des Videos akzeptieren Sie die Datenschutzerklärung von YouTube.
Mehr erfahren

Video laden

PGlmcmFtZSB0aXRsZT0iWW91dHViZSB2aWRlbyBwbGF5ZXIiIHNyYz0iLy93d3cueW91dHViZS1ub2Nvb2tpZS5jb20vZW1iZWQvVGY2SENpdm84UmM/b3JpZ2luPWh0dHBzOi8vd3d3LmtpYnVzY2guZGUmY29udHJvbHM9MSIgYWxsb3dmdWxsc2NyZWVuPSIxIiBsb2FkaW5nPSJsYXp5Ij48L2lmcmFtZT4=

Transkript

In der Tat, so ist es. Und was das für Implikationen hat, möchte ich im weiteren Verlauf schildern. Vor allem aber, wie wir unseren inneren Chef, die innere Chefin besser trainieren können. Denn das ist zum Glück möglich.

Beginnen möchte ich jedoch in der Vergangenheit, in der Savanne, aus der wir stammen. Denn damals war der innere Schweinehund noch ein guter Freund von uns, um unsere Ressourcen zu schützen, weil es schwer war, genügend Kalorien zu bekommen. Im Verlauf unserer Entwicklung jedoch war es so, dass der innere Schweinehund immer unpopulärer wurde. Ende des 16. Jahrhunderts gab es in Amsterdam das erste sogenannte Zuchthaus, wo Arbeitsunwillige dazu gebracht werden sollten, mehr zu arbeiten, also sich zu überwinden. In der noch tieferen Vergangenheit waren dazu manchmal Peitschenhiebe nötig, sonst wären die Pyramiden nicht entstanden.

Und noch in der industriellen Revolution hatten wir mit dem inneren Schweinehund zu kämpfen, nämlich dem der Mitarbeitenden. Tatsächlich war es so, dass diese, wenn sie eine Lohntüte erhielten, erst einmal gar nicht bei der Arbeit erschienen sind, sondern zu Hause blieben bei ihren Familien. Die Reaktion darauf war, die Löhne so zu kürzen, dass man immer häufiger zur Arbeit auftauchen musste, um überhaupt genug Geld zu verdienen. Im weiteren Verlauf war es dann so, dass wir durch unsere Schulen uns immer mehr diszipliniert haben, und Disziplin meint an der Stelle eben den inneren Schweinehund zu besiegen und auch solche Dinge zu tun, die uns unliebsam sind.

Mittlerweile ist es so, dass wir diese Herrschaftsverhältnisse allerdings internalisiert haben. Das heißt, wir brauchen gar keinen mehr, der die Peitsche schwingt, das machen wir innerlich selbst. Dafür haben wir unseren eigenen inneren Chef, die eigene innere Chefin, die uns vor allem gerne antreibt. Das nennt man dann einen fordernden Führungsstil und viele Menschen, die sich versuchen, selbst zu optimieren, leiden gerade in der heutigen Gesellschaft oft unter einer permanenten Kritik. Durch diese innere Chefin, durch diesen inneren Chef, das mag an der einen oder anderen Stelle sogar nützlich sein. Und abgesehen davon hätten wir vielleicht nicht das erreicht mit unserer modernen Gesellschaft, wovon wir heute profitieren. Moderne Technik, medizinische Versorgung und all das waren vielleicht ohne das Bezwingen des inneren Schweinehunds nicht möglich.

Doch in der heutigen Zeit beim “War of Talents”, wo der Graben immer größer wird zwischen Hochqualifizierten und Minderqualifizierten. Und wir, vor allem zunehmend Hochqualifizierte, brauchen, sogenannte Wissensarbeitende, wird es nötig, dass wir die Verhaltensweisen unseres Chefs, unserer Chefin neu überdenken. Eine moderne Führungskraft sollte situativ handeln. Und situativ bedeutet eben, den sogenannten fordernden Führungsstil nur sparsam einzusetzen. Denn wenn wir diesen ständig benutzen, dann tendieren wir dazu uns selbst so auszubeuten, dass im schlimmsten Falle ein Burnout droht. Man kann nicht immer auf Hochtouren laufen, das ist zwar vorübergehend möglich, zum Beispiel in Unternehmen, bei der Vorbereitung auf eine Messe kann es schon auch mal passieren, dass wir über einen längeren Zeitraum hinweg zehn Stunden oder mehr Stunden täglich arbeiten und sogar am Wochenende noch tätig sind, aber als Dauerzustand ist dies durchaus kritisch zu bewerten.

Wer oder was wird denn da eigentlich geführt? Wenn wir Friedemann Schulz von Thun als Beispiel nehmen, der von einem inneren Team spricht und einen sogenannten kooperativen Führungsstil empfiehlt, bestehen wir aus unterschiedlichen inneren Bestandteilen. Das hat man auch schon früher mal erkannt. Mit Goethe: “Zwei Seelen wohnen ach in meiner Brust, und die wollen oft unterschiedliche Wege gehen”. Wenn man im Coaching Menschen Zeit gibt, sich selbst zu reflektieren, kommen die meisten heutzutage auf zehn große innere Anteile. Zehn große Muster. Manchmal vielleicht auch ein paar mehr, manchmal ein paar weniger. Aber verblüffenderweise sind das häufig zehn solcher großen inneren Anteile.

Das innere Team das also da geführt werden will. Und die große Frage, die sich stellt, ist: Wie kann eine gelungene Führung aussehen? Das Wichtigste dabei ist zunächst einmal, dass wir unseren inneren Chef auch reflektieren und beobachten und ihm eben auch mal Feedback geben. Ob er zum Beispiel auch mal Verständnis dafür hat, dass wir eine Pause machen müssen. Und gerade für uns als Wissensarbeitende, wenn wir gerade kreativ sein müssen, sogenanntes divergentes Denken, dann ist es notwendig, dass er auch mal schweigt und uns in Ruhe lässt. Und das ist auch immer eine Frage des Kontextes.

Das heißt also, wenn ich mir kreativ ein neues Konzept einfallen lassen muss, beispielsweise für einen Workshop, ist es in meinem Fall manchmal hilfreich, erst mal einen Spaziergang zu machen und den gerne auch in ein Café, wo ich dann ungestört kreativ sein kann und sozusagen meiner schweifenden Aufmerksamkeit fröne. So nennt das Daniel Goleman.

Wenn ich nicht zu viele Pflichten habe, dann kann ich mich dabei recht gut entspannen, aber je länger es dauert, desto lauter ruft auch wieder mein innerer Chef und ich mache mich auf den Weg, um die guten Ideen dann auch in ein zeitliches Raster zu bringen, in einer Form, mich sozusagen wieder zu fokussieren. Von der Vielheit der Ideen auf Struktur und Ordnung. Das bedeutet allerdings, dass wenn ich kreativ arbeiten will, es sich nicht lohnt, mich maßlos anzutreiben, weil es keine Routinetätigkeit ist. Und das ist per Definition das, was Wissensarbeitende tun, nämlich sehr häufig aus Routinen ausbrechen müssen, um ihr Wissen auf immer neue Art und Weise zu nutzen. Und dafür wäre es hilfreich, wenn unser innerer Chef Verständnis für uns hat und vielleicht so wie Schulz von Thun sagt, er kooperativ handelt.

Ein sehr bekannter innerer Anteil, der immer wieder genannt wird, ist der sogenannte innere Kritiker die innere Kritikerin. Aber wie mir scheint, ist das relativ deckungsgleich mit dem, was man auch als innere Führungskraft betrachten kann. Denn die scheint bei vielen Leuten gerne mal kritisch zu sein und permanent etwas zu fordern. Was man sich also fragen kann, ist, ob es nicht sinnvoll wäre, auch so etwas wie einen inneren Freund zu implementieren.

Die gute Nachricht ist: Ja, das ist möglich, denn diese inneren Anteile sind letztlich bioelektrische Muster unseres Nervensystems und dieses Nervensystem lässt sich zum Glück verändern. Und das fängt auch schon bei der Selbstbeobachtung an. Wer also Unterschiede bildet, indem er sich beobachtet und mit seiner inneren Führungskraft in den Dialog tritt, verändert diese bereits. Und das kann sehr hilfreich sein.

Dazu würde ich euch viel Energie wünschen, auch wenn es etwas anstrengend zu sein scheint. Aber es lohnt sich. Vielen Dank und bis bald.

 

AUTOR
WEITERE SPANNENDE IMPULSE